Pressemitteilung 20. Oktober 2025

exground filmfest 38: Themenschwerpunkt Mut zur Utopie

Vom 14. bis 23. November bietet das exground filmfest vielseitige Möglichkeiten, den eigenen filmischen Horizont zu erweitern. Sei es durch das umfangreiche Rahmenprogramm oder im direkten Gespräch mit Filmschaffenden aus aller Welt. In langjähriger Tradition setzt exground filmfest dabei mit der Rubrik Fokus besondere Akzente. Dieses Jahr richtet das Festival seinen Blick auf Filme, die unter dem Leitsatz Mut zur Utopie stehen.

Weshalb gerade dieses Motto?

exground filmfest ist seit jeher eine Bühne für gesellschaftspolitischen Austausch. Während der Themenkomplex des vergangenen Jahres, „Flucht und Vertreibung“, die Ursachen von global sich verschärfenden Problemen aufzeigte, werden die Filme der 38. Ausgabe Gegenentwürfe präsentieren. Nach wie vor gehören Klimawandel, Kriege, Hunger, Menschenrechtsverletzungen, fehlende Rechtsstaatlichkeit, Verfolgung, neokoloniale Ausbeutung und wirtschaftliche Perspektivlosigkeit zu den großen Herausforderungen des Weltgeschehens. In internationalen Produktionen, seien sie fiktional oder dokumentarisch, wird nun der Umgang mit diesen Herausforderungen ins Zentrum gerückt.


Die Schwerpunktsektion umfasst stilistisch und konzeptionell eigenwilliges, emotional
bewegendes und gesellschaftlich relevantes Kino, ergänzt um ein vielseitiges Rahmenprogramm.


Highlights aus dem Fokusprogramm


Am 14. November wird um 19.00 Uhr das exground filmfest mit einer Perle des Fokusprogramms eröffnet. Im Beisein des Hessischen Ministers für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Timon Gremmels, wird MEMORY OF PRINCESS MUMBI (CH/KE/SA 2025) im Atelier des Apollo Kinocenters präsentiert. Damien Hausers Film wandert jenseits von Genre und Konvention. Mit intensivem Blick auf den gegenwärtigen Umgang mit KI-Technologie entwirft dieser Film eine afrofuturistische Zukunftsvision rund um das tragische Leben der Schauspielerin Mumbi.


Dass utopische Visionen auch vollkommen anders gedacht werden können, beweist der Film ANCESTRAL VISIONS OF THE FUTURE (FR/LS/DE/QA/SA 2025), der für den Europäischen Filmpreis nominiert ist. Lemohang Mosese erschafft mit diesem Werk ein assoziatives, bildgewaltiges Kaleidoskop aus dokumentarischen Szenen und poetischen Arrangements. Der Regisseur reflektiert über die eigene Kindheit in Lesotho, die gesellschaftlichen Erfahrungen von Herrschaft und Gewalt sowie die eigenen intimen Gefühle von Entfremdung in Berlin, wo der Künstler derzeit lebt. Von der Lebensphilosophie Ubuntu getragen, verbindet diese persönliche Reise Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft in einer poetischen Liebeserklärung an das Kino.


Auch das Drama KAKTUSFRÜCHTE (IN/CA/GB 2025) spielt mit dem Spannungsfeld zwischen Herkunft, Tradition und den eigenen Gefühlen. Durch den Tod seines Vaters ist Anand verpflichtet, an einer zehntägigen Bestattungszeremonie teilzunehmen, die seinem alltäglichen Leben nicht ferner sein könnte. Er flüchtet sich in die heimlich aufblühende Liebe zu seinem Nachbarn Balya, die sie beide als homosexuelle Männer in Konflikt mit den Traditionen ihrer Familien bringt. Auf der Grundlage eigener Erfahrungen schildert Rohan Parashuram Kanawade in seinem ruhigen Regiedebüt einen von Liebe und Akzeptanz getragenen Umgang mit queeren Lebensweisen.

The struggle for acceptance is also a key theme in Ivette Löcker’s documentary OUR TIME WILL COME (AT 2025). Löcker follows Siaka and Victoria, a couple, in their attempt to build a future for themselves between Austria and Gambia. In front of the camera, the two partners reflect on differences in culture and character and grappling with circumstances. For their path to a little piece of private utopia is repeatedly beset with obstacles, whether rooted in red tape, racism or unprocessed trauma. With great sensitivity, the film documents the struggle for recognition and the will to grow, on both a personal and societal level.

Für Auflockerung im Programm sorgt LAZY GIRLS (FR 2024) von Karim Dridi – ein wahres Punk-Rock-Roadmovie. Nachdem die Polizei ihre letzte Bleibe zerlegt hat, rasen Nina und Djoul dem Sonnenuntergang entgegen. Auf dem Weg nach Irgendwo stellen sich die beiden immer wieder die grundlegenden Fragen: Wie geht es weiter? Wem können wir vertrauen? Und vor allem: Wie passt die Liebe in so ein Leben? Eine Geschichte von zügelloser Freiheit und Freundschaft auf den Straßen Frankreichs.


Nur wenige Kilometer entfernt, in West-Frankreich, entstand der Dokumentarfilm RED FOREST (FR 2025). Die Regisseurin Laurie Lasalle begleitet eine Kommune, die zum Erhalt der Biodiversität den Bau eines Flughafens erfolgreich verhindern konnte. Dies ist jedoch keinesfalls das Ende der Geschichte: Selbst nachdem 2018 das Bauvorhaben von der Regierung aufgegeben wurde, ist die Staatsgewalt allgegenwärtig und droht das solidarische Miteinander in dieser Region zu zerschlagen. In Zeiten ökologischer Dystopien schenkt dieser Film dem entschlossenen Widerstandswillen der Aktivisten und Aktivistinnen seine klare Sympathie.


Auch Constanze Ruhms Essayfilm IT IS AT THIS POINT THAT THE NEED TO WRITE HISTORY ARISES (AT/ PT 2024) ist vom Geist des Widerstands erfüllt. Zusammen mit einigen Mitstreiterinnen begibt sich die Regisseurin auf die Suche nach einer alternativen Geschichtsschreibung. Mit eindrucksvollen Bildern wandert ihr Film durch die Zeit und bringt in sinnlichen Reenactments das Wirken von protofeministischen Gruppen im Laufe der Geschichte wieder zum Vorschein. Ein Film, der gleichermaßen dazu anregt, die Vergangenheit zu erforschen und bestehende Geschichtsschreibung zu hinterfragen.


Zurück in die Gegenwart reißt uns Brandon Kramers zutiefst persönliche Dokumentation HOLDING LIAT (USA2025). Dieses Werk dokumentiert das Schicksal einer Familie innerhalb des Israel-Palästina-Konflikts. Liat und ihr Ehemann Aviv gelten seit dem 7. Oktober 2023 als vermisst und werden als Geiseln der Hamas vermutet. Der Film bezeugt den Umgang von Liats Verwandtschaft in in den damaligen Zeite von politischer Spannung und Ungewissheit. Ihr Vater Yehuda und ihr Sohn Netta reisen bis nach Washington, um sich für Empathie und Versöhnung beider Seiten einzusetzen. Ein ergreifender und doch universeller Dokumentarfilm, der besonders mit Hinblick auf die Entwicklung des Konflikts brandaktuell bleibt.


Ein persönliches Schicksal bestimmt auch die Handlung des nächsten Films. Im Figurendrama SORRY, BABY (US 2025) offenbart der Besuch von Agnes bester Freundin Ihre eigene traumatische Vergangenheit. Die nichtbinäre US-Blogger:in Eva Victor spielt die Hauptrolle im eigenen Regiedebüt mit emotionaler Tiefe und Humor. Ein Film über das utopische Potenzial von Freundschaft, über einen emanzipatorischen Umgang mit sexualisierter Gewalt, über Wege des Heilens und Formen des Einstehens: füreinander und für sich selbst.

Eine abschließende Empfehlung geht an das Drama SUÇUARANA (BR 2024) des Regie-Duos Clarissa Campolina und Sérgio Borges. In diesem Film begibt sich Dora, zusammen mit einem streunenden Hund, auf die Suche nach dem mythischen Ort Suçuarana. Sie lebt im ständigen Aufbruch, doch als sie Zeuge eines Übergriffs wird und imAnschluss auf eine Gruppe von Arbeitern stößt, zieht sie das erste Mal in Betracht, zu bleiben. Gemeinsam leben sie nach solidarischen Prinzipien. Im Kleinen scheint ein utopischer Gegenentwurf zur kapitalistischen Ausbeutungslogik möglich, doch Dora zieht es wieder auf die Straße. Obgleich es ein Ort oder eine Gemeinschaft ist, selbst die Utopie wandelt sich stets.


Ausstellungen, Lesung und Diskussion


Wie in den Jahren zuvor bietet das exground filmfest ein umfangreiches Rahmenprogramm zum Themenschwerpunkt an. Vom 15. November, ab 18.00 Uhr, bis zum 23. November wird eine preisgekrönte Foto-Ausstellung im Murnau Filmtheater präsentiert. In ihrer Bilderreihe „Underneath the Calm Streets of Iran“ porträtiert die Fotojournalistin Forough Alaei den Widerstand gegen vorherrschende gesellschaftliche Zwänge im Iran. In satten Farben fängt sie in ihren Fotografien das Schaffen von Frauen ein, die mit Ihrer Arbeit, sei es als Motorradfahrerin oder als Mechanikerin, die patriarchalen Normen des Irans aufbrechen und zum gesellschaftlichen Wandel beitragen. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei!


Auch die Kooperation mit dem Nassauischen Kunstverein Wiesbaden (nkv) wird in diesem Jahr fortgesetzt. So präsentiert exground filmfest im Rahmenprogramm Werke der georgischen Videokünstlerin Tekla Aslanishvili unter dem Titel SCENES FROM TRIAL AND ERROR, die vom 17. Oktober 2025 bis zum 11. Januar 2026 im nkv zu sehen sind. Die von der Videonale. 18 besonders hervorgehobene Ausstellung dokumentiert die Zustände innerhalb der gescheiterten Stadt der Zukunft, Anaklia. Das unter anderem wegen Geldwäschevorwürfen geplatzte Bauvorhaben der georgischen Stadt Anaklia wird von Tekla Aslanishvili in ambivalenter Weise aufgearbeitet. In dokumentarischem Modus lässt sie verschiedene Stimmen innerhalb des Projekts zu Wort kommen und offenbart, weshalb die Bau-Utopie am Schwarzen Meer zerfiel, bevor sie überhaupt realisiert werden konnte.


Neben Filmen und Fotos ist auch Literatur ein langjähriger Begleiter des exground filmfest. Im Literaturhaus Villa Clementine findet am Freitag, 21. November, um 19.30 Uhr Sascha Rehs Lesung aus dessen Roman „Biotopia“ statt. Das Gespräch wird von Dr. Viola Bolduan moderiert– und vom Förderverein Wiesbadener Literaturhaus Villa Clementine e.V. in Kooperation mit exground filmfest organisiert. Der vielfach ausgezeichnete Autor erforscht in seinem Science-Fiction-Roman die Zustände in der gemeinschaftsorientierten Vertikalfarm Biotopia. Hinter der Fassade des ökologischen Paradieses scheint sich jedoch weitaus mehr zu verbergen als zunächst angenommen. In einem spannungsgeladenen dystopischen Szenario denkt Sascha Reh Entwicklungen unserer Gegenwart und die Auswirkungen der technologischen Fremdsteuerung auf den einzelnen Menschen konsequent zu Ende.


Zur Reflexion der gesammelten Eindrücke bietet sich das PANEL ZUM THEMENSCHWERPUNKT MUT ZUR UTOPIE an, das am Samstag, 22. November, um 15 Uhr im Murnau-Filmtheater stattfindet. Welche utopischen Potenziale stecken in filmischen Erzählungen? Wie wird über sie gesprochen? Mit welchen ästhetischen Mitteln lassen sich Zukunftsentwürfe und bereits real gelebte Utopien darstellen? Warum haben dystopische Szenarien derartige Hochkonjunktur, und wo verstecken sich vielleicht die positiven Entwürfe in anderen Ausdrucksformen? Darüber sprechen Amos Borchert, Kurator des Themenschwerpunkts „Mut zur Utopie“, und der Kunstwissenschaftler und Kunsttheoretiker Sebastian Mühl („Utopien der Gegenwartskunst“, 2020) mit einigen Filmschaffenden aus der Sektion. Der Eintritt
zum Panel ist frei!


Matinee mit kultigem Solarpunk-Klassiker aus Japan


Die Sonntagsmatinee schließt den diesjährigen Themenfokus Mut zur Utopie mit einem wahren Klassiker des Solarpunk-Genres ab. Am 23. November um 12 Uhr entführt NAUSICAÄ AUS DEM TAL DER WINDE (JP 1984) das Publikum im Murnau-Filmtheater in eine magische Welt, lange nach dem Untergang der Zivilisation, wie wir sie kennen. Im Frühwerk des berühmten Regisseurs Hayao Miyazaki leben die Menschen im Einklang mit Natur und Technologie. Doch als sich giftige Sporen und gigantische Insekten in den umliegenden Regionen ausbreiten, macht sich Prinzessin Nausicaä auf die Suche nach dem Ursprung dieser Bedrohung. Eine Perle der japanischen Animationsfilmkunst.


Neuer Publikumspreis im Themenschwerpunkt „Mut zur Utopie“


Erstmals geht ein Publikumspreis für den besten Langfilm in der FokusSektion an den Start. Dieser wurde großzügig von stadtmobil Rhein-Main GmbH gestiftet und mit 1.000 EUR dotiert.


Das Fokus-Programm ist hier zu finden. Das vollständige Programm des Festivals wird nach der Pressekonferenz (29. Oktober, 11 Uhr, im Raum 107 des Wiesbadener Rathauses) bekanntgegeben
und ist dann unter www.exground.com zu finden.


exground filmfest dankt allen Förderern und Kooperationspartnern.


ex38_Partners_Sponsors_2025.pdf


Pressekontakt:
Wiesbadener Kinofestival e. V.
exground filmfest
Marta Moneva-Enchev
presse@exground.com
www.exground.com

ENDE DER PRESSEMITTEILUNG

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